Ein Tuk-Tuk in Südamerika

Tuk-Tuks gibt es nicht nur in Thailand, auch wenn wir Thailand-Fans das gerne glauben wollen. Meine Freundin und Kollegin Heike Pirngruber aka Pushbikegirl ist im Moment mit einem Tuk-Tuk in den argentinischen Anden unterwegs.

Heike Pirngruber alias Pushbikegirl vor ihrem Tuk-Tuk in Südamerika

Hier beantwortet sie meine neugierigen Fragen …


Heike Pirngruber stammt wie ich aus der Gegend um Heidelberg. Schon als Kamerafrau beim ZDF reiste sie häufig in die weite Welt. 2013 machte sie sich dann alleine mit dem Rad auf den Weg Richtung Osten und bereiste insgesamt 102 Länder – mit dem Rad, dem Kanu, zu Fuß oder jetzt mit dem Tuk-Tuk.  

Seit 2021 ist Heike nicht mehr alleine unterwegs. Butch, ein Australian Cattle Dog, nimmt einen großen Platz in ihrem Leben und im Tuk-Tuk ein.

Ich verfolge seit vielen Jahren Heikes Reisen und bin immer wieder vollkommen begeistert von ihren Fotos, aber auch von ihrer Auseinandersetzung mit den Kulturen und den Menschen vor Ort wo sie unterwegs ist. Wir haben uns leider erst einmal persönlich getroffen bei einem von Heikes seltenen Heimatbesuchen. 


FRAGE Heike, du warst nie in Thailand, wie bist du auf die verrückte Idee gekommen mit dem Tuk-Tuk auf Reisen zu gehen?

Haha, das stimmt so nicht. Das erste Mal kam ich mit süßen 19 Jahren nach Bangkok. Eigentlich ein Zwischenstopp auf dem Weg nach Australien, hatte die damals chaotische Stadt einen bleibenden Eindruck auf mich hinterlassen. Ich lernte Dinge wie Fried Rice oder Ingwer kennen, Tuk-Tuks und Tempel. Heute kaum vorstellbar, dass man so etwas noch nie gesehen oder gegessen hat.

Ich war später noch ein paar Mal in Thailand, unter anderem auch mit dem Fahrrad.

Es gibt Tuk-Tuks ja nicht nur in Thailand, sondern mittlerweile in ganz vielen Ländern. Am meisten habe ich sie wohl in Indien genutzt. Am lustigsten fand ich sie dann aber in Sierra Leone zur Regenzeit. Ich sah immer wieder Tuk-Tuk Fahrer mit einem der drei Räder in einem Kanalschacht stecken, weil der ein oder andere Kanaldeckel geklaut wurde und durch den hohen Wasserstand dann keiner die Löcher sah. Sie heißen dort übrigens Kekeh.

Warum ich mir allerdings ein Tuk-Tuk in Chile gekauft habe, hat mit all dem gar nichts zu tun. Ich suchte einige Zeit nach einem geeigneten Transportmittel, um meinen Hund Butch vor den vielen Straßen- und Wachhunden in Südamerika zu schützen. Auf Auto hatte ich nämlich keine Lust. 

Der Australische Hütehund streckt gerne seine Nase in den Wind.

Ein Tuk-Tuk hat zwar auch einen Motor, ist aber trotz allem kein schniekes Auto, was einfach nicht zu mir passen würde. Zudem ist es sicherer als ein Motorrad, dass ich zuvor bereits in Mexiko ausprobiert hatte und gleich mit einer langwierigen Verletzung bezahlt habe, weil die schwere Royal Enfield mich unter ihr begraben hat.

Normalerweise gibt es in Chile keine Tuk-Tuks. Es war daher pures Glück, dass ein Jahr zuvor eine chilenische Familie eines aus Indien importiert hatte, weil sie große Thailand-Fans sind und sich deshalb eine Piaggio Ape City über den großen Teich haben schippern lassen.

Es stand zum Verkauf ausgeschrieben und ich bin heilfroh, dass ich mich nicht auf die ganzen Schlaubergerkommentare eingelassen habe, die mir von einem Tuk-Tuk abgeraten haben.


FRAGE Kommt dein Tuk-Tuk aus Thailand? Hast du deinem Tuk-Tuk einen Namen gegeben?

Es ist ein Piaggio Ape City, also ein Italiener wird aber in Indien gefertigt.

Es heißt Herr Nilsson.


FRAGE Komm, geb uns ein paar Daten für die Technik-Freaks: Wieviel Hubraum? Wieviel PS? Wie schnell? Wie schwer? Wie alt? Und natürlich ganz wichtig: Von 0 auf 100 km/h in wieviel Stunden?

200 cc.
Fast 10 PS.
55 km/h, mit brutalem Rückenwind in Patagonien sogar mal 65 geschafft ;-)
360 Kg.
Baujahr 2022
Nicht mal in Jahren ;-)


FRAGE Welche Rekorde hast du damit schon gebrochen? Welches war deine höchste Strecke in Höhenmeter? Und wie schnell warst du bergab? Was war deine längste Strecke?

Rekorde gebrochen: sicherlich in Form von „wie viele Leute uns in besiedelten Gebieten in Argentinien an einem Tag filmten“. Habe sie nie gezählt, aber es waren VIELE. Oder das Gegenteil: wie wenig Leute uns dagegen in Chile am Tag filmen – nahezu NIEMAND.

Die Schlaubergerleute meinten zuvor, ich solle nicht denken, dass ich die hohen Pässe in Südamerika auch nur annähernd mit einem Tuk-Tuk schaffen werde. Sowieso, denken die meisten, wir können nur auf dem Teer unterwegs sein.

4800 m war bisher Rekord. Easy :-)

Lustig war dann, dass einige an der Seite standen, weil deren dicke Kisten nicht mehr fuhren, während ich verschmitzt grinste und halb erfroren an ihnen vorbei tuckerte. Unser Tuk-Tuk hat nämlich keine Türen.

Beeindruckende Felslandschaften gibt es nicht nur in Thailand.

Bergab sind wir genauso langsam wie bergauf. Schnell sind wir nie! Teils sind die Straßen brutal steil und ich bin immer wieder völlig beeindruckt, was die Maschine alles schafft.

Längste Strecke in Stunden oder Kilometern :-) Mehr als 200 Kilometer am Tag waren es glaube ich nie. Wenn wir Pisten fahren, sind es deutlich weniger.


FRAGE Was nervt dich und was liebst du an dieser Art von Reisen? Für welche Art von Reisen würdest du das Tuk-Tuk empfehlen?

Der Motor ist laut, das nervt. Ich bewege mich zu wenig, auch das nervt. Das liegt aber nicht am Tuk-Tuk, sondern am Reisestil.

Die eine oder andere Sandpassage müssen wir auslassen – naja, zu verschmerzen.

Heike pumpt das Hinterrad ihrer Viaggio Ape City auf.
Auch das gehört zu dieser Art von Reisen – eine Reifenpanne

Ansonsten ist ein Tuk-Tuk ein Magnet. In Argentinien will jeder mal drin sitzen oder uns fotografieren. Es ist billig in der Anschaffung und Unterhaltung. Es hat zudem genug Stauraum. Mein Hund liebt es im Wind zu sitzen, was er in einem Auto nicht ganz so einfach könnte.

Wir sind langsam, was ich gut finde, weil schnell fahren und schnell reisen oftmals intensive Begegnungen nicht ermöglicht.

Mit dem Tuk-Tuk kann jeder überall unterwegs sein. Sofern man die Schnellstraßen meidet, macht das immer Spaß.


FRAGE Hattest du schon mal eine Panne? In Thailand sind die Menschen enorm hilfsbereit. Wie ist das in Südamerika?

Bisher hatten wir nur dreimal eine Reifenpanne. Beim ersten Mal hatte ich nicht den richtigen Schraubenschlüssel dabei, um an den Ersatzreifen zu kommen (peinlich), der unterm Sitz verstaut ist. Eine Stunde später kam das erste Fahrzeug, ein Viehtransporter und der Fahrer hat mir den fehlenden Schraubenschlüssel sogar geschenkt.

Reifenwechsel mit professioneller Hilfe

Wir reden hier von Argentinien. In Chile dagegen sieht das ganz anders aus. In der Atacama, weit draußen, hilft man uns bestimmt auch, ansonsten aber sind die Chilenen sehr wenig an uns interessiert. 


FRAGE Welches Erlebnis war besonders für dich, seitdem du mit dem Tuk-Tuk unterwegs bist?

Insgesamt hatten wir bisher eine geniale Zeit. Allerdings muss ich sagen war vor allem die Provinz Jujuy im Norden Argentiniens besonders beeindruckend. Die Kurvenstrecken waren echt der Hammer.

Negativerlebnis dann als totaler Kontrast dazu: eine nächtliche Schießerei. Wir zelteten (also Butch und ich) in Chile im Wald und gegen 2 Uhr morgens fuhr ein Auto vor. Kaum entfernt hörte ich Stimmen und kurz darauf zwei Pistolenschüsse. Sie fuchtelten mit ihren Taschenlampen im Wald umher und irgendwann erfasste ein Scheinwerfer das Tuk-Tuk und ich presste mich so flach auf die Matte wie es ging und hoffte, dass Butch keinen Ton von sich gibt, was er auch nicht hat.

Die nächsten Schüsse folgten und ich hatte Angst wie selten zuvor. Ein Glück entfernten sich die Stimmen und die nächsten Schüsse waren bereits von weiter weg zu hören.

Insgesamt 15 mal wurde abgedrückt und dann war der Spuk vorbei. Allerdings habe ich weder das Auto wegfahren hören, noch irgendwas mitbekommen, warum sie geschossen haben. Ich schlief dann endlich gegen 4 Uhr morgens wieder ein.


FRAGE Ich höre schon die vielen Fragen meiner Leser: Hast du keine Angst alleine als Frau? Wo übernachtest du? Wie verständigst du dich? Was war eine brenzlige Situation?

Diese Fragen und noch viel mehr werden auf Heikes Blog beantwortet:
Pushbikegirl


Aber vielleicht beantwortest du eine wichtige Frage hier: Wie finanzierst du deine Reise?

Danke Stefan, ja nebst „Bist du alleine?“ ist die zweitmeist gestellte Frage dann „Und wie finanzierst du das?“. Im Prinzip ist es wichtig, dass ich nichts ausgebe, was natürlich nicht geht, aber sich mit seinen Ansprüchen ordentlich einzuschränken hilft schon mal viel, um länger unterwegs sein zu können.

Ich bin Profi-Fotografin und schreibe seit fast 11 Jahren einen Blog über meine weltweiten Abenteuer. Jeder, der meine Arbeit am Blog finanziell unterstützt bekommt als Dankeschön eine Postkarte.

Manchmal kann ich auch Artikel an Zeitschriften oder Zeitungen verkaufen, allerdings nicht allzu häufig. Mit Fotografie Geld zu verdienen, wird jedes Jahr schwieriger und so bin ich weiterhin abhängig von meinen treuen Lesern, die mich bisher nie im Stich gelassen haben, worüber ich extrem dankbar bin.


FRAGE Nun solltest du uns Thailand-Fans noch erklären, warum du nicht nach Thailand gekommen bist. Wie war das als du in Laos kurz auf der Strecke nach Süden vor der thailändischen Grenze wieder nach Norden abgebogen bist?

Ich bin kein wirklicher Thailand-Fan :-)  Mir ist es dort zu heiß, zu voll und es ist mir auch zu touristisch und wenig abenteuerlich, daher hatte ich mich auf der Fahrradweltreise gegen Thailand entschieden und bin dann lieber gleich nach Vietnam, China und weiter nach Taiwan.


FRAGE Wann werden wir die Chance bekommen, dich hier zum Essen einladen zu können?

Ich bin ein Riesen-Fan der Thai-Küche, sich deswegen aber auf den langen Weg machen? Eher nicht, wenn dann zu Fuß und nicht mit dem Flieger, dann dauert es allerdings noch ein Weilchen :-) Danke für die Einladung.


Herzlichen Dank Heike für die ausführlichen und lehrreichen Antworten auf meine neugierigen Fragen. Ich wünsche dir weiterhin viel Freude am Entdecken, intensive Begegnungen und eine richtig gute Zeit mit Butch. Vor allem aber bleibe gesund und fit, damit wir weiter über deine Abenteuer lesen können.

Heike unterstützen

Wenn wir auch Heike und Butch nicht persönlich zum Essen einladen können, freut sie sich sicher über eine kleine finanzielle Unterstützung für ihre Abenteuer unterwegs in der ganzen weiten Welt.

Die Fotos stammen aus den aktuellen Artikeln auf Heikes Blog:

Argentinien mit TukTuk und Hund

Die weltberühmte Ruta 40 in Argentinien

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Hallo, ich bin Stefan

Seit 2014 lebe ich hauptsächlich in Chiang Rai, der nördlichsten Provinz Thailands.

Hier auf STEFANinTHAILAND berichte ich über Leben, Reisen und Radfahren in Thailand. Neugier und Lust auf Aktivitäten sind meine größte Motivation, um Land und Leute zu erkunden. Vor allem für Chiang Rai werde als Experten bezeichnet.

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