Rettungssanitäter bei Wiederbelebung

Was kostet ein Herzinfarkt? – Thema Lebenshaltungskosten Thailand

Mein Freund Klaus hatte einen schweren Herzinfarkt. Zu seinem großen Glück passierte das bei einer Radveranstaltung in Chiang Rai mit richtig guter medizinischer Versorgung. Diesen Herzinfarkt hätte er beim Autofahren oder beim Radfahren im Wald nicht überlebt. Den Schreck über die Kosten der Operation und des Krankenhausaufenthaltes überlebte er auch – obwohl er keine Krankenversicherung hat.

Radveranstaltung Doi Tung

Alljährlich findet um diese Jahreszeit die beliebte Rad- und Laufveranstaltung statt. Im Gedenken an Mae Fah Luang, der beliebten Mutter des Königs Bumibol, die 2003 starb. Start ist immer in Huay Khrai am Fuß des berühmten Doi Tung in der Provinz Chiang Rai. Mit dem Rad geht es 23 km weit bis zum Wat Pra That Doi Tung auf dem Gipfel. Das ist eine zwar kurze, aber durchaus herausfordernde Tour wegen der bis zu 20% steilen Abschnitte auf den letzten Kilometern. Aber wir wussten ja, was auf uns zukommt, weil wir in den letzten Jahren auch immer dabei waren.

Wenn ich hochfahre auf den Doi Tung, dann vor allem weil ich mich riesig auf die herrliche Abfahrt freue. Falls du das auch mal erleben willst, findest du ganz unten die Strecke von Chiang Rai auf den Doi Tung.

Cycling Doi Tung Chiang Rai

Beim Start hatten wir uns getroffen und waren auch die ersten Kilometer zusammen gefahren bevor wir beschlossen bis zum Ziel unser eigenes Tempo zu fahren. Oben angekommen wartete ich auf Klaus und Ian, von dem ich wusste, dass er ähnlich schnell sein würde wie Klaus. Diesmal musste ich besonders lange warten und sah auch viele, vermeintlich langsamere Fahrer im Ziel ankommen.

Da erreichte mich ein Anruf von einem gemeinsamen Freund. Es war ernst.

SCHOCK: „Ian hat mich verständigt. Klaus ist zusammengebrochen und hatte offensichtlich einen Herzinfarkt. Er wurde medizinisch versorgt und wird jetzt in ein Krankenhaus gebracht. Sobald ich weiß, in welches, sage ich dir Bescheid.“

Diese Info ließ mich sofort losfahren und auf einer Abkürzung den Berg hinunter rasen, um möglichst schnell ins Krankenhaus zu gelangen.

Kampf ums Überleben

Die dramatischen Ereignisse ließen sich später so rekapitulieren: Während ich schon das Ziel vor Augen hatte, war Klaus kurz vor Beginn der steilen Rampen vom Rad abgestiegen und dann gleich zusammengebrochen. Ian hatte die Situation aufgrund seiner Erfahrung richtig erkannt und musste festgestellen, dass die Atmung ausgesetzt hatte. Daraufhin begann er sofort mit Wiederbelebungsversuchen.

Bald wurde er von medizinischem Personal abgelöst, das auf Fahrrädern mit den anderen Teilnehmern unterwegs gewesen war. Selbst die zwei Stromstöße durch einen Defibrillator vom kurz darauf eingetroffenen Rettungswagen reichten nicht aus, um das Herz unseres Freundes wieder schlagen zu lassen. Erst der volle körperliche Einsatz eines Soldaten brachte den nötigen Erfolg. Offensichtlich wusste dieser, was er tat, denn meist sind Laien zu zögerlich oder zu behutsam bei der Herzmassage. Die blauen Flecke nahm Klaus sehr gerne in Kauf.

Nach gefühlt ewig dauernden 30 Minuten Kampf ums Überleben konnte Klaus endlich in den Rettungswagen getragen und auf den Weg ins nächste Krankenhaus gebracht werden.

Unser Running Gag

Erst viel später realisierte ich, dass Klaus in dem Emergency Medical Car (Rettungswagen) lag, der mich auf meinem Weg den Berg runter überholte. Ich hatte erwartet, dass er schon im Krankenhaus sei, aber so weit war er noch nicht, weil die medizinische Versorgung vor Ort so lange gedauert hatte.

Nun können wir immer sagen, dass Klaus wenigstens einmal bergab schneller war als ich.

Untersuchung und Intensivstation im Krankenhaus in Chiang Rai

Nach einem Zwischenstopp im Krankenhaus in Mae Chan wurde Klaus zunächst in der ICU (intensive care unit), der Intensivstation des städtischen Krankenhauses in Chiang Rai, mit einer CT (Computertomografie) untersucht. Dabei wurde beschlossen, seine Blutgefäße am Herzen im Cardiac Catherization Center mit einem Herzkatheter näher zu betrachten.

Die durchführende Ärztin drückte es nach der Operation so aus: „Die Arterie war schon zu 99% verengt. Da mussten wir sofort reagieren.“ Ein sogenannter Stent (Gefäßstütze) wurde noch im Rahmen der Untersuchung mit dem Katheter in die linke Koronararterie eingesetzt. Für Neugierige: Das sieht auf Wikipedia so aus

Schon am Montagvormittag wachte Klaus auf. Immer noch intubiert konnte er zwar nicht sprechen, reagierte aber auf unsere Ansprache und war in der Lage zu schreiben. Als ich am nächsten Tag zum ersten Mal wieder seine Stimme hörte, war ich überglücklich. Denn offensichtlich war er klar bei Verstand und klagte auch über keine körperliche Beschwerden. Am Donnerstag wurde unser Freund auf eigenen Wunsch direkt aus der Intensivstation nach Hause entlassen. Offensichtlich nicht ungewöhnlich in Thailand.

Krankenversicherung Fehlanzeige

Klaus hatte mir mal erzählt, warum er keine Krankenversicherung hat. Seit mehr als 12 Jahren schon lebte er hier in Chiang Rai. Krankenversicherungen, die er abschließen könnte, schließen so viele Vorerkrankungen oder Problemfälle aus, dass sich für ihn der Rest für den doch sehr hohen Preis nicht lohnte. So hatte er lieber Geld für Notfälle und Behandlungen zurückgelegt. Zudem lebt er sehr gesund. (Im Artikel “Auslandskrankenversicherung – eine schwierige Entscheidung” wird beschrieben, unter welchen Umständen diese Vorgehensweise ohne Krankenversicherung absolut okay ist und wie hoch der Betrag sein muss, den man dafür zurücklegen muss.)

Noch während Klaus nach der Operation schlief begann ich gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin nach Notfall-Telefonnummern und seinen Finanzunterlagen zu suchen. Wir wussten zu dem Zeitpunkt nicht, wie sich die lange Dauer der Wiederbelebung auf seinen Zustand auswirken würde und wollten vorbereitet sein. So konnte ich bei seiner Entlassung das Krankenhaus gleich für die Behandlung bezahlen – sonst hätten sie ihn nicht gehen lassen wurde mir später erzählt.

Eine tragische Geschichte – Ian mit weniger Glück

Ian, der Erstversorger von Klaus, hatte 2 Jahre später selbst einen Herzinfarkt. Auch beim Radfahren. Leider mit weniger Glück.

Er war alleine unterwegs an einer vielbefahrenen Straße als er zusammenbrach. Weil er wundersamerweise nicht ohnmächtig wurde, saß er am Boden und wollte mit Gesten Hilfe herbeiholen. Aber weder Autofahrer noch eine vorbeizischende Gruppe Rennradfahrer hielten an.

Erst der Anruf bei einem Freund brachte die nötige Hilfe ins Rollen. Ein Rettungswagen fand ihn lebend, aber sehr schwach, am Straßenrand. Ian wurde ins Kasemrad-Krankenhaus in Chiang Rai gebracht, wo ein schwerer Herzinfarkt und ein Verschluss mehrerer Arterien diagnostiziert wurde.

Eine Erklärung, warum er bei Bewusstsein blieb, gab es bis heute nicht. Letztendlich hat ihm dies aber das Leben gerettet. Aber was für ein Leben? Ein größerer Teil des Herzmuskels war zu lange nicht durchblutet. Die Leistungsfähigkeit des Herzens liegt nun bei 20 – 30 %. Zu wenig, um einen bisher sehr aktiven Menschen glücklich zu machen, aber vielleicht bringt das nun angeschaffte E-Bike mehr Freude in sein Leben.

Kosten Herzinfarkt in Thailand

Die Rechnung für Klaus belief sich auf knapp 160.000,- Baht. Das waren zur Zeit des Unfalls etwa 4444,- Euro.

Wenn ich die Rechnung richtig verstehe, waren darin enthalten:
59.000,- Baht für den Katheter incl. EKG, 65.000,- Baht für die Operation und dem Stent, 5500,- für eine Blutuntersuchung und der Rest für den Aufenthalt in der Intensivstation, Medizin und Sonstiges.

Ein befreundeter Arzt meinte, das wäre okay, auch wenn Klaus meint, dass es ein recht hoher Betrag sei für ein städtisches Krankenhaus. Die Frage, ob diese nun auch spezielle Farangpreise verlangen dürfen, können wir wohl mit einem eindeutigen JA beantworten.

Ians Herzinfarkt war doppelt so teuer, weil er in ein privates Krankenhaus gebracht wurde, das tatsächlich eines der besten in Chiang Rai ist.

Was lerne ich daraus?

Dieser Vorfall bestätigt meine Meinung, dass „lebenserhaltende Maßnahmen“, früher auch Wiederbelebung genannt, regelmäßig geübt werden sollten. So können auch “Laien” tatkräftig Soforthilfe leisten und zum Überleben vieler Opfer beitragen. So wie Ian, der das in seinem Berufsleben viele Male in Kursen wiederholen musste und daher die ausreichende Erfahrung hatte.

Hier ein Beispiel, wie das beim Roten Kreuz sogar mit einer App online erlernt werden kann: Erste Hilfe – Herz-Lungen-Wiederbelebung

Auch wenn Klaus die Kosten für seinen Herzinfarkt gut abfangen konnte, sollte er sich das nicht allzu oft leisten. Früher war ich durch meine Deutschlandaufenthalte während der Sommermonate immer nur für knapp ein Jahr bei HanseMerkur oder TravelSecure krankenversichert. Da aufgrund der Situation mit Corona, Reisen immer schwieriger wurden holte ich mir ein Jahrenvisum und befasste mich mit einer passenden Krankenversicherung. Das sollte jeder Auswanderer machen, denn viele Krankenversicherungen sind nur bis zu einem bestimmten Alter zugänglich oder sie werden sehr teuer.

Die Lebenshaltungskosten in Thailand sind so günstig, dass eine gute Krankenversicherung dagegen sehr teuer wirkt. Der BDAE geht bietet einen speziellen Expat-Tarif, der wahlweise auch Vorerkrankungen einschließt. Der Preis spiegelt die umfangreichen Leistungen wieder. Dennoch meine ich, sollte ich mir diese gönnen, damit ich nicht bei jedem medizinischen Zwischenfall Angst um mein Erspartes haben muss.

Ich entschied mich übrigens für die Pacific Cross. Warum erkläre ich in meinem Artikel über Meine Empfehlung für Langzeitauslandskrankenversicherungen.

Für Notfälle habe ich die Kontaktdaten meiner Familie bei ein paar engen Freunden hinterlassen, so dass diese nicht lange gesucht werden müssen. Wahrscheinlich werde ich demnächst auch eine „Wo-findest-du-was-Liste“ erstellen, um es meiner Frau und meinen Freunden möglichst einfach zu machen. Denn eines hat mir dieser Vorfall wieder gezeigt: Es kann ganz schnell gehen … manchmal schneller als man denkt.

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Das war übrigens meine Radtour von Chiang Rai zum Doi Tung an dem Tag

10 Kommentare zu „Was kostet ein Herzinfarkt? – Thema Lebenshaltungskosten Thailand“

  1. Eigentlich ist die zentrale Frage ihrer Ausführungen:
    Wie stelle ich sicher, im Notfall (nicht ansprechbar!) in einem geeigneten, staatl. Krankenhaus zu landen?
    Erst NACH Beantwortung dieser Frage kann man eine sinnvolle Kostenschätzung abgeben… – nicht vorher, leider!

    1. Hallo Rene,

      diese Überlegung ist allerdings richtig. Klaus hatte Glück einen Herzinfarkt bei einer ausgezeichnet betreuten Radveranstaltung zu bekommen. Er kam zunächst in ein Provinzkrankenhaus, wurd dann aber nach Chiang Rai gebracht, wo er noch in der Nacht operiert wurde. Zudem wurde er von einem Team des Tourist Assistant Center betreut.
      Ein anderer Radfreund brach am Straßenrand zusammen als er alleine unterwegs war. Er wurde ins Bangkok Hospital gebracht und ein paar Tage später ähnlich wie Klaus operiert. Das wohl teuerste Krankenhaus hier in Chiang Rai berechnete ihm einen mehrfachen Preis dessen, was Klaus bezahlt hat. Die Operation hätte aber auch im städtischen Krankenhaus gemacht werden können. Dazu hätte er umgelegt werden müssen.
      Es ist also durchaus wichtig, in welchem Krankenhaus man landet.
      Viele Grüße aus dem heißen Chiang Rai
      Stefan

      1. Hallo Stefan,
        es wäre super wenn Sie das Beispiel (Bangkok Hospital) mit Zahlen untermauern könnten (meinetwegen überschlagsmäßig).
        Wenn Sie beide Beispiele hier in diesem Blog hätten, wäre dessen Aussagekraft u.U. noch weiter gesteigert.
        Das ist nur ein kleiner Verbesserungsvorschlag von mir.

        Ich möchte mich aber insgesamt für Ihre Arbeit und Ihre Website bedanken. Weiter so!

        LG Rene

  2. Hallo Stefan, sehr guter Bericht. Aus aktuellem Anlass, OP am linken kl. Finger nach Unfall, kann ich nur dringen zu KV raten. Zu den 49000 Baht kommen noch 25000 für tägliches Verbinden und ziehen der Drähte. Das im öffentlichen Hospital auf Phuket. Chiang Rai ist in jeder Hinsicht preiswerter. Habe mit dem Tarif Expats retiered vom Bdae bis jetzt gute Erfahrung

    1. Hallo Wolf,

      danke für deine Ergänzung. Ich glaube auch, dass wir hier in Chiang Rai günstige Preise haben. Zumindest wenn man nicht gerade ins Bangkok Hospital geht.

      Bis bald
      Stefan

  3. Dieser Preis von 160’000 Baht erstaunt mich sehr. Mein Freund bekam im staatlichen Krankenhaus in Phuket vor 3 Jahren einen Stent eingesetzt. Kosten: 320’000 Baht.
    Im privaten Bangkok Phuket Hospital haette dieselbe Operation bei demselben Cardiologen 800’000 Baht gekostet. Mein Freund fand kein billigeres Krankenhaus.

    1. Hallo Richard,

      ich bin ja auch der Meinung, dass er relativ günstig davon gekommen ist. Allerdings stehen noch die Kosten für die Nachsorgeuntersuchungen aus. In ein paar Tagen kann ich mehr dazu berichten.

      Viele Grüße in den Süden
      Stefan

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Hallo, ich bin Stefan

Seit 2014 lebe ich hauptsächlich in Chiang Rai, der nördlichsten Provinz Thailands.

Hier auf STEFANinTHAILAND berichte ich über Leben, Reisen und Radfahren in Thailand. Neugier und Lust auf Aktivitäten sind meine größte Motivation, um Land und Leute zu erkunden. Vor allem für Chiang Rai werde als Experten bezeichnet.

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